Der Traum der Roten Kammer enthält Merkmale älterer chinesischer Volksromane
wie einen Prolog oder die Vermischung von Prosa mit Versen; neu ist jedoch
die Existenz eines Hauptprotagonisten, mit dessen Geschichte das Buch beginnt
und endet. Ein mythisches Leitmotiv des Romans ist die unerfüllte Liebe
des Helden Baoyu zu seiner Kusine Daiyu. Der Prolog handelt von der Neigung
zwischen dem Edelstein der durchdringenden Geisterkraft und der Pflanze
Purpurperle. Der Stein gelangt durch einen buddhistischen Mönch und einen
daoistischen Priester in die Welt der Sterblichen und wird in Gestalt des
jungen Herrn Baoyu im reichen Haus der Jia zum Leben erweckt. Purpurperle
wächst an den Ufern des Geisterstromes und wird von dem Stein mit süßem
Tau genährt, bis sie schließlich zum Leben erwacht. Sie wird als Baoyus
Kusine Daiyu geboren. Auf der irdischen Ebene wird die Atmosphäre der beiden
luxuriösen Häuser der Familie Jia und des dazugehörenden Gartens beschrieben,
der den idyllischen Rahmen für einen Teil der Handlung abgibt. Den Mädchen
des Hauses wird erlaubt, im Garten zu wohnen, der junge Baoyu darf sich
zu ihnen gesellen. Die Liebe zwischen Baoyu und Daiyu wird durch Baoyus
gleichzeitige Neigung für eine andere Kusine überschattet. Er wird schließlich
gegen seinen Willen mit dieser Kusine verheiratet, Daiyu stirbt im Verlauf
der Trauungszeremonie. Baoyu erfüllt seine Familienpflichten, zieht sich
am Ende von der Welt zurück und wird buddhistischer Mönch. Inhalt des »Traums der roten Kammer« ist die Geschichte vom Glanz und vom selbstverschuldeten Verfall eines edlen, großen Geschlechts, das schließlich dank der sittlichen und geistigen Hochleistung eines an sich entarteten Sprößlings wieder zu Aufstieg gelangt.